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Kurzform: Mechanismus der Angst und der Unterschied zwischen 'Sorge' und 'Angst'

 

Auch wenn wir Angst stark emotional und auch besonders körperlich spüren, liegt ihr Ursprung in Gedanken; Angst entsteht im Kopf. Die Gedanken können aus unterschiedlichen Quellen gespeist werden, z.B. aus vergangenen Erfahrungen und Erlebnissen, also aus Erinnerungen; aus Überzeugungen und Glaubenssätzen, die wir sowohl selbst gebildet haben oder von anderen Menschen und Gruppierungen übernommen haben; aus Fantasievorstellungen, die wir auf die Zukunft projizieren.

 

Gedanken erschaffen innere Bilder, deren Natur es ist, Träger emotionaler Energie zu sein. Somit folgen die emotionalen Auswirkungen der Angst den Gedanken. Die Emotionen lassen den Körper reagieren. Das sind die drei Schritte, in denen die Angst bzw. Ängste ablaufen.

 

Hier einmal eine Aufreihung von körperlichen und psychischen Symptomen von Angst, ohne auf Vollständigkeit zu bestehen:

 

Herzrasen, beschleunigte Atmung, aber auch Atemnot, Schweißausbrüche, Kloßgefühl im Hals oder zugeschnürter Hals, Zittern, Herzbeschwerden, Störung von Blasenfunktion und Verdauung, Übelkeit, Schwindel, Bluthochdruck, Schlaf-störungen, Appetitlosigkeit aber auch Heißhunger, gestörte Sexualfunktionen, Muskelverspannungen, Wortfindungs- und Formulierungsstörungen usw.

 

Gefühl von ständiger Bedrohung, starke bis überstarke Sicherungstendenzen, Fluchttendenzen, chronische Sorge, Nervosität, Unruhe, Fahrigkeit, Aggressivität, Entscheidungsschwäche, fortwährendes Kränkeln, Weinerlichkeit, schnelle Ermüdbarkeit und allgemeines Schwächegefühl, Mut- und Hoffnungslosigkeit. Grübeln über Vergangenheit und bzgl.
Zukunft usw.

 

Es ist klar zu erkennen, dass alle diese Eigenschaften das Leben ausbremsen und blockieren, anstatt weiterzuführen und Probleme zu lösen.

 

1. Angst hat die typische Eigenschaft, dass sie ohne Ausnahme die negative Entwicklung einer Angelegenheit im Fokus hat.

Desweiteren ist sie ausnahmslos auf die Zukunft gerichtet – auf eine weiter entfernte Zukunft oder auf den nächsten Augenblick.  Sie richtet sich auf das, was kommen könnte. Ob jenes dann auch tatsächlich geschehen wird, können wir jedoch nicht wissen, da wir nicht in die Zukunft sehen können.

 

2. Somit steht die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich das Negative eintreffen wird, welches die angstvollen Gedanken behaupten,  rein rechnerisch zunächst einmal bei 50:50.


3. Dabei ist sehr häufig rückblickend zu erkennen, dass das Verhältnis für eine gute Entwicklung ursprünglich tatsächlich sogar sehr viel besser stand als 50 Prozent, so z.B. bei 80 oder gar mehr Prozent. Wir legen aber widersinnigerweise viel eher unser Gewicht auf die negativen 50 Prozent, so wie es die Angst prophezeit, anstatt auf die 50 Prozent der Möglichkeit einer positiven Entwicklung.

Kein Mensch hat bisher eine Angst erlebt, die Positives vorausgesagt hat. Ist es beim Betrachten der rechnerischen Relation nicht regelrecht dumm, wenn wir durch die Einflüsterungen der Angst automatisch nur auf die negative Seite blicken anstatt hoffnungsvoll auch nach der positiven zu suchen und sie für möglich zu halten ??? - Hier heißt es, sich ganz bewusst zu entscheiden: "Ab sofort will ich darauf achten, wohin mein Blick geht, welcher Seite ich mehr Aufmerksamkeit gebe", und dies dann auch umzusetzen.

 

4. Wichtig zu wissen ist auch, dass Angst schwächt und Energie wegzieht. Dadurch kann das Befürchtete als selbsterfüllende Prophezeihung viel eher eintreten.

Den Blick auf die Hoffnung und die Möglichkeit eines positiven Ausgangs zu richten, mobilisiert Kräfte und fördert hilfreiche Eigenschaften wie Geduld, Gelassenheit und Kreativität, um eine Situation bewältigen zu können.

 

Des Weiteren bedeutet Angst zu haben:

 

5. Angst taucht auf, wenn wir glauben, keinen direkten Einfluss auf eine Situation zu haben und nicht ausreichend Mittel oder Stärke zu besitzen, um mit der gegebenen Lage umgehen zu können. Wir reden es uns ein. Die Wenigsten sind sich im Klaren darüber, dass der Mensch in Situationen, in denen es darauf ankommt, um ein Vielfaches mehr Kräfte entwickeln kann, als er es vom Alltag her gewohnt ist. Das sollte man sich bewusst machen und nicht den einschränkenden Aussagen der Angst folgen.

 

6. Da Angst ausschließlich Negativität und Einschränkung mit sich bringt, kann schon allein das Wort ‚Angst‘ Angst machen.

Deshalb ist es besser zu sagen: „Ich habe Sorge, dass …“ anstelle: „Ich habe Angst, dass ...“, wenn eine Situation eingetreten ist, deren Ausgang ungewiss ist. Denn das Wort 'Sorge' hält neben einem negativen Ausgang eben gerade auch zusätzlich eine positive Entwicklung für möglich! Ja, die Sorge schaut viel eher auf die positive Entwicklung im Gegensatz zur Angst.

( Eine sprachliche Verbindung macht das deutlich: Wenn wir für jemanden sorgen, tun wir alles, damit es ihm gut geht oder zumindest besser geht. Wir strengen uns also an, eine gute Entwicklung zu ermöglichen. Mit Angst ist das ungemein viel schwieriger oder geht überhaupt nicht, da Angstzustände blockieren.

Das Wort ‚Sorge‘ hängt mit ‚sorgen und Fürsorge‘ zusammen; das Wort ‚Angst‘ aber mit Enge. Deshalb sollten wir uns in unsicheren Situationen nicht ängstigen, sondern mit Mut und Zuversicht Sorge dafür tragen, dass sich alles in eine bessere Richtung bewegt.)

 

Der Mensch ist ungemein kreativ, wenn er will. Angst blockiert die Kreativität und jenes rationale Denken, das wir zur Auf-lösung einer Situation brauchen. Sorge regt die Kreativität an, da sie einen positiven Ausgang für möglich hält.
Wenn es uns aufgrund der Umstände (nicht aus Angst) tatsächlich nicht möglich ist, zu handeln, dann hält die Sorge doch zumindest unser Hoffen und unsere positive Ausrichtung der Gedanken aufrecht im Gegensatz zur Angst und hält uns auf einem höheren Energieniveau.

Angst und ihre „Kinder“, die vielen spezifischen Ängste, sollen - wie die obigen Ausführungen zeigen -. nicht als selbstverständlich hingenommen werden, denn sie basieren auf sinnlosen und überflüssigen Gedanken.

 

Wenn wir Ängste loswerden wollen, müssen wir uns mit unseren inneren Einstellungen und Gedanken auseinandersetzen!  (Am Besten in Zeiten, in denen wir einmal weniger ängstlich sind. Dadurch bekommen wir für kritische Situationen eine stabilere Basis.)

 

→  Ansonsten ausführlicher über Angst im Artikel „Angst verstehen – Angst auflösen – Wieviel Angst ist wirklich nötig?“
und "Praktische Hinweise zur Angstbewältigung" in diesem Blog.

 

Mit 'Sorge' anstatt 'Angst' bezüglich einer unklaren Situation aktivieren wir eine erhöhte Aufmerksamkeitslage, die uns ein Handeln ermöglicht. Auf diese Weise haben wir eine bessere Ausgangssituation für die Auflösung einer schwierigen Situation. Denn so springen Einfallsreichtum, Verantwortungsgefühl und Mut an, um eine gefahrvolle oder kritische Situation zum Guten hin auflösen zu können.

 

Praxis der Umsetzung:

1. Versuchen Sie achtsam zu sein und bewusst wahrzunehmen, wann/wenn 'Angst' für Sie spürbar ist.

2. Benennen Sie dann die Angst: "Ich habe Angst, dass... " oder  "Ich habe Angst vor ..."

3. Ersetzen Sie als Nächstes das Wort 'Angst' durch das Wort 'Sorge' und spüren Sie hin, wie Sie sich dann fühlen.

    Beispiel: "Ich habe Sorge, dass ..... geschehen könnte."

4. Ersetzen Sie in Ihrem Sprachgebrauch grundsätzlich das Wort 'Angst' durch das Wort 'Sorge'.

 

 © Ruth Scheftschik