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Was ist Intuition?

 

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird, wenn die Intuition gemeint ist, „Bauchgefühl“ gesagt, da wir das Gefühl haben, dass wir Entscheidungen oder Empfindungen hinsichtlich einer Person oder Situation im Bauch verorten. Dennoch achten wir aber viel öfter auf das, was uns der Kopf sagt, der Verstand, die nüchterne Logik mit Gedanken, Argumenten, Glaubenssätzen; mit dem, was uns beigebracht wurde.

Diese beiden unterschiedlichen Aktivitäten sind regelrecht körperlich spürbar. Kopfarbeit kann verbunden sein mit einem energetischen Ziehen im Stirnbereich und kann, wenn keine Pausen eingelegt werden, bis hin zu regelrechtem Druck im ganzen Kopf anwachsen. Als Folge davon werden wir müde, sind erschöpft.

 

Wenn eine Inspiration durch das Bauchgefühl mitgeteilt wird, ist dieser Vorgang ebenso körperlich-energetisch zu fühlen  -  hier dann in der Tiefe des Bauches, manchmal bis hin zur unteren Herzregion.

 

Das Bauchgefühl - die Intuition - hält im Gegensatz zum Denken meistens nicht länger an, sondern bringt die Angelegenheit kurz und bündig auf den Punkt und ist dann wieder vorbei. Was zurückbleibt ist eine Gewissheit für die Richtigkeit oder aber auch für die Dringlichkeit der Information, die sie transportiert.  Sie kann sich auch durch einen schwebenden Zustand des Ahnens von etwas, das nicht genau beschrieben werden kann, melden. Oft tritt sie unvermittelt und manchmal auch blitzartig auf und fühlt sich nicht anstrengend an wie das Denken, geschweige denn das Grübeln. Die Intuition macht uns hellwach und belebt uns.

 

Während das logische Denken dem Bewussten zugeordnet werden kann, kommen intuitive Informationen aus dem Unbewussten und haben auch einen kreativen Anteil. In unserem Unbewussten sind sehr viel mehr Informationen gespeichert als uns in unserem Bewussten zur Verfügung stehen; Informationen auch über uns selbst und unseren Lebensweg, auf die wir per Intuition zugreifen können.

 

Ein weiterer Bereich, der mit Intuition in Verbindung gebracht wird ist 'Instinkt'. In der Alltagssprache wird deshalb auch gesagt, "dass mein Instinkt mir sagt ...". Es besteht allerdings ein Unterschied zwischen Instinkt und Intuition. Tiere haben einen Instinkt. Instinkt bedeutet, dass eine bestimmte Aktions- oder Reaktionsweise biologisch und genetisch festgelegt ist, sodass das Tier dieser Festlegung unausweichlich folgen muss. Die Intuition ist jedoch geistig, denn wir müssen ihr nicht unausweichlich folgen. Wir können uns auch gegen sie entscheiden, sie bewusst überhören. Das können Tiere dem Instinkt gegenüber nicht tun. Sie sind durch den Instinkt getrieben, ob das die Fortpflanzung anbetrifft oder die Abwehr von Gefahr oder die Nahrungsbeschaffung. Der Mensch kann immer selbst entscheiden im Gegensatz zum Tier.

Es sind im Menschen zwar instinkthafte Restbestände vorhanden. Der Instinkt ist bei ihm aber längst nicht mehr ausschlaggebend. Selbst in der Sexualität sind wir in der Lage unsere Aktivitäten zu steuern. Insofern spielt beim Menschen die Intuition eine viel größere Rolle als der Instinkt.


Intuition kann man nicht erzwingen, aber wir können den 'Kanal' zu ihr öffnen, wenn er, wie es in der heutigen Zeit oft der Fall ist, verschüttet ist, weil wir zuviel mit dem Verstand unterwegs sind. Ist der Weg geöffnet, dann ist die Intuition wieder in unser Leben integriert, sodass sie uns wieder häufiger zur Verfügung steht.

 

(Ein anderer Weg, auf das innere Wissen zuzugreifen ist Traumarbeit oder die zielorientierte Imagination - die Arbeit mit inneren Bildern; siehe im Menue der Website).

 

Was die Intuition uns zu sagen hat, ist sehr vielseitig. Es können sein: Warnungen, Entscheidungshilfe, Ideen und kreative Einfälle, plötzliche Lösungen von Problemen, die erfolglos lange im Kopf gedreht und gewendet wurden. Es können Inspirationen im künstlerischen Bereich sein, ob Musik, Malerei, Dichtkunst, usw. Es kann ein inneres Drängen sein, etwas Bestimmtes in Hinblick auf die Zukunft zu tun oder etwas zu unterlassen. Es können auch spirituelle Inspirationen und Eingaben sein.

 

Die Intuition können wir auch unsere ‚Innere Stimme‘ nennen, die jeder Mensch seit der Geburt in sich trägt. Sie ist in der Mitte unseres Selbst verankert. Sie kann und wird uns niemals verlassen. Allerdings kann der Zugang, wie bereits gesagt, zu ihr blockiert sein, sodass ein Zugriff auf sie bzw. ein Zulassen von ihr nicht mehr ohne weiteres möglich ist und erst wieder erlernt werden muss.

 

Wir können die Innere Stimme auch unser Wertegewissen oder ‚wahres‘ Gewissen nennen oder unseren Inneren Wächter, der über unser Wohlergehen wacht.
‚Wahres‘ Gewissen deshalb, weil sehr viel Menschen auch noch eine zweite Gewissensstimme in sich tragen – den ‚Inneren Kritiker‘ oder ‚Inneren Richter‘, der bei etlichen Menschen so stark ausgeprägt sein kann, dass sie massiv darunter leiden.

 

Der Innere Kritiker gehört allerdings nicht zu uns. Er ist eine sogenannte Konditionierung bzw. Prägung, die in der Kindheit und Jugend entstanden ist durch Forderungen und Glaubenssätzen von Autoritäten, denen wir ausgesetzt waren: Eltern, Lehrer, Verwandte, andere Kinder, die uns ärgerten, sonstige Erwachsene, religiöse und gesellschaftliche Normen. Wir haben diese Stimmen in uns hineingenommen (introjiziert). Sie haben eine Spur gebildet wie die Rillen auf einer Schallplatte. Der Innere Kritiker spielt diese 'Schallplatte' ständig auch dann noch ab, wenn wir erwachsen sind, den Eltern und Erziehern nicht mehr untergeordnet sind und eigentlich selbstbestimmt und selbst-verantwortlich handeln und entscheiden sollten. Und das tut er bei etlichen Menschen bis in die kleinsten Alltagssituationen hinein.

 

Unterscheiden kann man die Intuition vom Inneren Kritiker dadurch, dass wir hinspüren, wo im Körper wir die Stimmen wahrnehmen und zum anderen auf welche Art und Weise sie mit uns sprechen:

 

Den Inneren Kritiker spüren wir im Kopf. Es hört sich meist so an, als ob jemand dicht hinter uns stünde und uns dauern ins Ohr redete.

Es sind gedankliche Sätze, die sich in allen möglichen und unmöglichen Situationen ständig wiederholen.

Was vom Inneren Kritiker gesagt wird, setzt uns generell unter Druck, da er uns selbst ständig bewertet, urteilt, verurteilt, antreibt. Der Innere Kritiker behandelt uns unfreundlich und weiß ausschließlich nur Negatives zu sagen, z.B.: „Es ist noch nicht genug, du hättest mehr … können. Streng dich an. Hör auf zu jammern. Zu solltest, müsstest, kannst doch nicht einfach, darfst nicht … Es gehört sich nicht“ usw.

 

Die Intuition meint es dagegen immer gut mit uns und will uns schützen, helfen und weiterbringen in unseren persönlichen Lebens-situationen und in unserer Entwicklung und Reifung.

Ihre Stimme ist fest, ruhig, präzise, klar, wohlwollend, inspirierend. Auch wenn sie als blitzartige Inspiration kommt, ist sie nicht unangenehm. Der Ort an dem sie im Körper entsteht, scheint der Bauch zu sein. Entweder wir spüren sie nur dort oder sie kann zügig nach oben aufsteigen bis zur Herzregion und auch bis in den Kopf (Ideen).

 

Allerdings kann sie uns auch einmal etwas sagen, was wir bzw. unser Ego überhaupt nicht gern hören wollen. Z.B. kann sie einen Verzicht von uns für etwas fordern, das wir unbedingt wollten oder schätzen. Wir können hierbei aber davon ausgehen, dass dieser Verzicht zu unserem Besten ist. Und irgendwann später werden wir auch erkennen können, dass die Intuition uns einen Weg geführt hat, der besser ist als der, den wir ursprünglich einschlagen wollten.

 

Wenn wir wenig Zugang zur Intuition haben, dann treffen wir viele Entscheidungen aus unserem Ego heraus, was häufig zu neuen Problemen führt. Die innere Stimme der Intuition hat dagegen immer die gesamte Situation mit allen Beteiligten im Blick, ohne dass uns das direkt bewusst ist. Dadurch kommen durch ihre Informationen angemessenere Lösungen für uns und alle Beteiligten zustande, wie immer die Ergebnisse auch im ersten Moment aussehen mögen, als bei Ego-Entscheidungen.

 

Die Intuition kann sowohl sehr laut und vernehmlich agieren, sodass wir sie nicht ignorieren können. In der Regel ist sie leise und es ist an uns, innezuhalten und in uns hineinzuspüren und hineinzuhören, um ihre Hinweise wahrnehmen zu können. Letzteres kann geübt werden.

 

Manchmal kann es schwierig sein, zu erkennen, ob die Intuition tatsächlich mit uns spricht. Das liegt daran, dass entweder der Kopf noch mit hineinredet oder wir noch zu wenig geübt sind im Umgang mit ihr. Es gibt aber dennoch Situationen, in denen es sinnvoll ist, die intuitiven Informationen mit denen des Verstandes zu vereinen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Dann ist es der Verstand, der die Hinweise der Intuition ausführt.

 

Es gibt durchaus auch Menschen, die selten einen blockierten Zugang zur Intuition haben und es gewohnt sind, mit ihr zusammenzuarbeiten. Dazu gehören Künstler in ihren kreativen Phasen, aber auch ganz "normale Alltagsmenschen", die sich ihrer Intuitivität (= ausgeprägte Fähigkeit zum intuitiven Wahrnehmen) meist erst einmal gar nicht so bewusst sind. Erst wenn man mit ihnen darüber spricht, stellen sie fest, dass es für sie ganz normal ist, ihr Leben mit Hilfe der Intuition zu lenken.

 

Für alle anderen Menschen gilt, wie gesagt, dass der Zugang zur Intuition durch Übung wieder frei gemacht werden kann, denn die intuitiven Fähigkeiten sind bei jedem Menschen per Geburt vorhanden.

 

In unserer heutigen Gesellschaft spielen der Verstand und die Logik immer noch die übergeordnete Rolle und die Intuition ist verkümmert. Deswegen finden viele Probleme der Gesellschaft keine wirklich weiterführenden Lösungen. Es dreht sich vieles immer wieder im Kreis. Unter zur Hilfenahme der Intuition kämen mit Sicherheit angemessenere und nachhaltigere Ergebnisse zu Stande.

 

Sich wieder mehr der Intuition zuzuwenden und ihr im Leben wieder einen hohen Stellenwert zu geben, ist deshalb sehr empfehlenswert für das persönliche Leben als auch in Hinblick auf gesellschaftliche Problemstellungen.

 

 © Ruth Scheftschik